Freie Wähler Marbach und Rielingshausen feiern das 75-jährige Bestehen

Freie Wähler Marbach und Rielingshausen feiern das 75-jährige Bestehen

Auf der beschaulich gelegenen Terrasse der Weingärtnergenossenschaft Marbach versammelten sich die Mitglieder der Freien Wähler und einige Ehrengäste aus den Nachbargemeinden, um bei sommerlichen Temperaturen gemeinsam die 75-jährige Gründungsfeier der Freien Wähler Marbach zu begehen.

Jubiläen sind allezeit eine willkommene Gelegenheit, die Vergangenheit Revue passieren zu lassen und so die gelebte Historie wieder mit der Gegenwart zu verflechten. Gleichermaßen ist dieser Jahrestag Anlass zur Freude und Dankbarkeit. Beides wurde von den drei Festrednern aus unterschiedlichen Perspektiven thematisiert.
Nach der offiziellen Begrüßung aller Gäste baute Dr. Martin Mistele, Stadtverbandsvorsitzender der Freien Wähler Marbach, in seiner Rede eine lange Brücke von der Vergangenheit in die heutige Zeit. 15 Legislaturperioden und etwa drei Generationen seien seit der Gründung der Freien Wähler Marbach vergangen, die kommunalpolitischen Themen seien zwar über die Jahre andere geworden, aber ein roter Faden sei deutlich erkennbar: Die gewählten Vertreter der Freien Wähler im Gemeinde- und Kreisrat seien durchweg „Personen mit Lebenserfahrung und gesundem Menschenverstand, die Themen ohne ideologische Vorgaben seitens einer Partei zum Wohle der Allgemeinheit bearbeiten konnten und können“. Mistele bezeichnete es als „Privileg der Freien Wähler, flexibel wechselnde Koalitionen mit anderen Parteien des Gemeinderates eingehen zu können“. Nicht umsonst seien die FW noch heute ein „politisches Schwergewicht in Gemeinderäten sowie auf Kreisebene“.

Dies unterstrich unser Marbacher Bürgermeister Jan Trost in seinem folgenden Redebeitrag gleich mehrfach. Er nahm die Gäste mit auf eine Zeitreise beginnend mit dem Ende der 12-jährigen Naziherrschaft und dem Krieg mit seinen verheerenden Folgen. Der erste Marbacher Gemeinderat wurde nach Übernahme Marbachs durch die amerikanischen Truppen am 27.1.46 von den wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürgern mit einer Wahlbeteiligung von sage und schreibe über 91 % gewählt, referierte Trost,„ein bis heute bei Kommunalwahlen in Marbach nie mehr erreichter Wert“. Schon zwei Jahre später, am 7.12.47, wurde mit einem leicht veränderten Wahlrecht neu gewählt. Kumulieren und panaschieren wurde eingeführt und ein rollierendes System etabliert, das 1975 allerdings wieder abgeschafft wurde. Abhängig von der Stimmenzahl wurde damals jeweils eine Hälfte der Räte für sechs, die andere Hälfte für drei Jahre gewählt. Bei dieser Wahl bewarben sich die FW zum ersten Mal. Die drei gewählten FW-Kandidaten sahen sich schon 1947 „als Mitglieder einer rein kommunalen Vereinigung“, die vor allem das Wohl der Einwohner ihrer Stadt im Fokus hatten. Der Gemeinderat hatte 1947, nebst der zu leistenden Aufbauarbeit nach Kriegsende, die schwierige Aufgabe, Unterbringungsmöglichkeiten für insgesamt 1850 in die Stadt einströmende Flüchtende aus deutschen Ostgebieten zu schaffen. Ein herausforderndes Unterfangen, das der heutigen Problematik in ihren Grundzügen ähnelt. Seit langem spielt die Fraktion der Freien Wähler in Marbach eine entscheidende Rolle in der Kommunalpolitik, erläuterte Jan Trost weiter. Der „Charme der FW im Ländle besteht darin, keine Partei zu sein“. Getreu dem Credo der FW: „lokal – regional – optimal“ schließen die FW in Baden-Württemberg eine Beteiligung an Parlamentswahlen kategorisch aus und sind deshalb 2022 als Landesverband aus dem Bundesverband der FW ausgetreten. Bürgermeister Trost dankte der aktuell tätigen FW-Fraktion für ihre langjährige Bereitschaft, sich im Gemeinderat ehrenamtlich zu engagieren und Kontinuität in den städtischen Gremien zu gewährleisten. Mit guten Wünschen für die Zukunft der FW beendete Jan Trost seinen Gastbeitrag.

Der letzte Redebeitrag des Abends, sozusagen das Sahnehäubchen, kam von Gerhard Maier Er ist Ehrenmitglied der FW und seit 1975 bei den FW aktiv. Ohne sich an sein Manuskript zu halten plauderte er in gewohnt unterhaltsamer Manier „wie mr dr Schnabel gwachse isch“ aus dem Nähkästchen. Es wurde im Gemeinderat oft heftig gestritten und um Entscheidungen gerungen, aber „mr hond ons emmer wieder zsammegrauft“, so Maier. Er unterstrich mit einem Augenzwinkern die Bedeutung der „Nachsitzungen“, in denen manch eine Fragestellung überdacht und informell weiterdiskutiert wurde. Mit selbstgemachten, humorvollen Gedichten unterhielt der über 90-jährige die Festgesellschaft und schenkte dem vorgerückten Abend so Leichtigkeit und Freude.

Klänge der Band Windsor aus Rielingshausen untermalten den gesamten Abend. Ein gelungenes Fest, konstatierten Gäste und Veranstalter unisono.

 

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