Freie Wähler besichtigen die LABAG

Freie Wähler besichtigen die LABAG

Wer kennt ihn nicht, den markanten 42 m hohen, hellgelben Turm mit dem lindgrünen Geschenkband an der Fassade und den stattlichen Mobilfunkantennen auf dem Dach? Ortsauswärts von Marbach in Richtung Rielingshausen hat seit mittlerweile 102 Jahren die LABAG ihren Sitz. Ursprünglich eine „Selbsthilfegruppe“ der Landwirte der Region, hat sich die LABAG durch viel Eigenleistung seiner Mitglieder zu einer beachtlichen Genossenschaft entwickelt und viele unterschiedliche Sparten unter ihrem Dach vereinigt.

Die Freien Wähler Marbach und Rielingshausen wagten Ende Oktober nach einer einjährigen, Corona-bedingten Zwangspause nun wieder ihre erste Betriebsbesichtigung in Marbach. Ihr Ziel: Die LABAG Raiffeisen e. G.. Eine kleine Gruppe interessierter Mitglieder wurde sehr freundlich von Geschäftsführer Jürgen Häußermann auf dem Hof der LABAG empfangen, durch das Areal geführt und mit weitreichenden Einblicken hinter die Kulissen dieses Betriebes versehen. Ein Powerpointvortrag von Herrn Häußermann rundete den interessanten Abend ab.

Seit drei Generationen schon wird die Genossenschaft von den Häußermanns mit geleitet, berichtete Jürgen Häußermann. Oberstes Ziel der Geschäftsführung war und ist es, den Betrieb in eine gute Zukunft zu führen und den Strukturwandel in der Landwirtschaft flexibel und konstruktiv zu begleiten. Aus diesem Grund wurde die LABAG im Laufe der Zeit breit aufgestellt. Vier Säulen tragen heute die Marbacher Genossenschaft: Die Landwirtschaft (ca. 40%), die Sparte Energie (ca. 50%), der Einzelhandel (ca. 10%) und das Dienstleitungsgeschäft. Acht Vollzeitkräfte und 2 Teilzeitmitarbeiter sorgen bei der LABAG dafür, dass die Beratung von Landwirten, Winzern, Kleingärtnern oder Privatkäufern Rechnung getragen wird. Kundenorientierung wird hier großgeschrieben, bestärkte Häußermann, was die anwesenden Freien Wähler unisono bestätigten. Im LABAG-Markt werden auf 800 qm Verkaufsfläche Erzeugnisse aus der Region vermarktet, Heimtierbedarf, Getränke, Pflanzenschutz- und Düngemittel, Saatgut, Kleidung u.v.m. angeboten. Die LABAG, so führte Häußermann aus, sei gut durch die Coronakrise gekommen, da sie als systemrelevant anerkannt wurde. In der Coronahochphase wurde die LABAG zeitweise „überrannt“ und musste mit Türstehern arbeiten, um die Hygienebedingungen umsetzen zu können. „Wir haben einen Jahresumsatz von 25 bis 26 Mio. Euro, abhängig von den Getreide- und Heizölpreisen“, führte Herr Häußermann aus. „Unser Umsatz entwickelt sich erfreulicherweise seit Jahren sehr stabil“. Nichtsdestotrotz sei er zu gering, um den Herausforderungen der Zukunft gerecht zu werden. Die Mitglieder der LABAG  haben deshalb einer Fusion mit den beiden Genossenschaften, KRZ Kraichgau Eppingen und der BAG Franken zugestimmt. Wir wollen gemeinsam eine modern aufgestellte, leistungsfähige Agrar-Genossenschaft mit RegiOnaler Ausrichtung (AGROA Raiffeisen) bilden. Dadurch ergäben sich viele Synergien und Einsparmöglichkeiten, freute sich Jürgen Häußermann, der gemeinsam mit Jürgen Freudenberger und Stephan Buchholz den zukünftigen, geschäftsführenden Vorstand bildet.

Die Betriebsbesichtigung begann auf dem Hof der LABAG. Lässt man den Blick schweifen, fallen dem Beobachter sofort zwei Dinge ins Auge: Jetzt im Herbst zur Erntezeit lagern in einer Mulde unter freiem Himmel rotbackige, knackige Äpfel. Dieses Obst wird von heimischen Obstbauern täglich angeliefert und zeitnah zu Apfelsaft verarbeitet. Direkt vis à vis und überdacht entdeckt man hellbeiges Brot und Brötchen, offen oder in Folie eingepackt zu einem traurig anzusehenden Berg angehäuft. Tauben flattern um den Brotberg und versuchen, ein paar Krümel zu ergattern. Jürgen Häußermann rechtfertigt diesen trostlosen Anblick: “Wir sind seit 10 Jahren Brotumschlagplatz. Das Brot wird zu 50 % von Großbäckereien geliefert, auch kleinere Bäckereien und Märkte geben ihr nicht mehr zu verkaufendes Brot hier ab. Meist handelt es sich um Fehlproduktionen oder Brot mit defekten Verpackungen, das gar nicht erst in den Handel gelangt. Im Jahr beläuft sich die Menge an geliefertem Brot auf 8000 bis 9000 Tonnen. Diese werden pro Tag auf 2 bis 3 LKW verladen und nach NRW, genauergesagt nach Hamm, ins Kraftfutterwerk geliefert. Dort wird das Brot von Folien befreit, getoastet und zu Bröselmehl geschreddert. Dieses Endprodukt wird als Futtermittel für Hühner oder Schweine wiederverwendet“.

In den sich an das Areal anschließenden Silos herrscht das ganze Jahr über Hochbetrieb. Lastwagen entluden gerade den frisch vom Feld geernteten Mais, der nach einem Ausflug auf die Waage und einer Qualitätsbestimmung nun sonnengelb leuchtend darauf wartete, gereinigt und getrocknet und dann im Silo eingelagert zu werden. Sage und schreibe 12.000 l Heizöl pro Woche werden benötigt, um den Körnermais vor der Lagerung zu trocknen, berichtete Häußermann. Die weiße Wolke über den Silos bestehe ausschließlich aus reinem Wasserdampf, der durch den Trocknungsprozess von Mais, Soja, Erbsen oder Getreide entstehe.
Um die Auslastung der Silos noch besser zu machen, werden seit 6 bis 7 Jahren Holzpellets in den Silos zwischengelagert. Dies sei eine gute Ergänzung zur Lagerung von Getreide, da man dieselbe Technik dafür verwenden könne.

Zum Abschluss der sehr spannenden Führung legte Jürgen Häußermann ein klares Bekenntnis zum Standort Marbach ab. Trotz der Fusion mit dem Kraichgau Raiffeisen Zentrum e.G. und der BAG Franken werden wir dem Sitz in Marbach treu bleiben, „auch wenn unsere Expansionsmöglichkeiten hier leider etwas eingeschränkt sind“. „Wir gehören zum Stadtbild Marbachs, auch wenn wir zukünftig AGROA heißen werden.

Die Freien Wähler ließen die Worte Häußermanns im Gasthaus Ochsen nachklingen und verlebten noch einen geselligen Abend miteinander, froh, dass man sich wieder einmal live und in Farbe treffen und austauschen konnte.

 

Birgit Scheurer

 

 

 

 

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