Freie Wähler besichtigen das Windrad in Ingersheim

Freie Wähler Marbach informieren sich über Technik und Wirtschaftlichkeit der Windkraftanlage Ingersheim

 

Das einzige Windrad des Landkreises Ludwigsburg ist aus dem Landschaftsbild nicht mehr wegzudenken, es ist mit seiner schlanken Gestalt sogar fast zu einem Wahrzeichen unserer Region geworden. Seit nunmehr über 10 Jahren steht es auf einem 300 m hohen Hügel auf Ingersheimer Gemarkung und dreht je nach Windintensität mehr oder weniger gemächlich seine Runden.

Herr Dieter Hallmann, Vorstand der Energiegenossenschaft Ingersheim und Umgebung e.G., erläuterte den rund 20 interessierten Mitgliedern der Freien Wähler Marbach am Fuße des Windrades die Entstehungsgeschichte, die Technik und die Wirtschaftlichkeit der „Bürgerwindkraftanlage“. Im „Jahrhundertsommer“ 2002, so startete der Experte in Sachen Windkraft seine Ausführungen, fand sich ein kleiner Kreis aus 5 Personen zusammen, um der Vision von regionaler, sauberer, umweltfreundlicher Energieerzeugung ergänzend zur Solarenergie Leben einzuhauchen. Von Anfang an war klar, dass so ein gewaltiges Vorhaben nicht alleine gestemmt werden kann, deshalb entschlossen sich die Fünf, das Projekt Windrad auf breite Füße zu stellen. Finanzierungsüberlegungen, Eruierung von Genossenschaftsmodellen, Einbindung des Gemeinderates, viel Öffentlichkeitsarbeit und vier gut besuchte Informationsveranstaltungen fanden im Vorfeld statt. Man gab unterschiedliche Gutachten in Auftrag, begann Daten zu sammeln und stellte so das Projekt Schritt für Schritt auf eine immer solidere Basis. Es mussten auch Widerstände in der Bevölkerung aus dem Weg geräumt werden, Klagen abgewiesen und eine Akzeptanz der Bürger für das Windrad erarbeitet werden. Im März 2010 wurde schließlich die Energiegenossenschaft Ingersheim und Umgebung e.G. (mit mittlerweile 362 Mitgliedern) gegründet. 2011 wurden Erschließungsarbeiten getätigt, 2012 der Turm errichtet und der Rotor montiert. Im April 2012 konnte die Anlage in Betrieb genommen werden.

E 82 (der deutschen Firma Enercon GmbH), so die Typenbezeichnung des Windrades, sei „der Mercedes unter den Windrädern“, berichtete Hallmann stolz, „denn wenn wir etwas machen, dann nehmen wir von allem das Beste“. Das Windrad habe eine innovative Technik und emittiere, da getriebelos, recht wenig Lärm. Außerdem seien alle Materialien recyclebar und problemlos rückzubauen. „Unser Windrad steht sozusagen auf einem Fundament in Form eines flach gewölbten Tellers, der 3 m tief in den Boden eingelassen ist“, erklärte Hallmann. Das Eigengewicht des Windrades stabilisiere den Turm. Das Windrad hat eine Nabenhöhe von 138 m über Grund und eine Gesamthöhe von 179 m bis zur Flügelspitze. Die jeweils 10 Tonnen schweren Rotorblätter sind 41 m lang und bestehen aus Glasfaser. Der grazil wirkende Turm wiegt insgesamt satte 1000 Tonnen. Er wurde aus miteinander verklebten Betonsegmenten zusammengesetzt und mit Stahlseilen in der Außenwandung verspannt. In schwindelnder Höhe in der sogenannten Gondel befindet sich der Generator, der durch die Drehung der Rotorblätter angetrieben wird und so Strom produziert. Schon bei geringen Windgeschwindigkeiten von etwa 2 m/sec beginnt das Windrad sich langsam zu drehen und erreicht bei etwa 12 m/sec (38 km)seine Maximalleistung. Sollte der Wind weiter erstarken drehen sich die Rotoren immer weiter aus dem Wind heraus. Bei Orkanstärke (130 km) schaltet sich das Windrad zu seinem Schutz automatisch ab. Der Generator hat eine Leistung von 2000 kW und kann so etwa 1200 Haushalte mit mittlerem Strombedarf mit Strom versorgen.

Das Windradprojekt habe ein Volumen von insgesamt 3,6 Millionen Euro, wobei 80 % über Anteile finanziert wurden. Alle Darlehen konnten in 2022 zurückbezahlt werden. Das eingesetzte Eigenkapital der Anteilseigner wurde jährlich anteilig zurückerstattet. Zusätzlich erhielten die Genossenschaftsmitglieder je nach Windertrag eine Dividende von 1.5 bis 2 %. „Unser Windrad hat sich also schon nach 10 Jahren amortisiert“, freute sich Hallmann. Ausgelegt sei das Windrad allerdings für eine Nutzung über 20 Jahre, darüber hinaus sei eine Weiternutzung aber möglich.

Herr Hallmann beantwortete geduldig die vielen Fragen der Freien Wähler Marbach z. B. zum Thema Ausgleichsflächen oder Artenschutz von Fledermäusen, Milan und Singvögeln. Freiwillig haben die Betreiber ein dreijähriges Fledermausmonitoring in Auftrag gegeben, das nicht eine einzige Tötung einer Fledermaus durch die Anlage auswies. Auch der rote Milan sei durch die Anlage nicht gefährdet. Dieter Hallmann unterstrich, dass jeweils renommierte Gutachter hinzugezogen worden seien, u.a. ein ausgewiesener Fledermausexperte. Auch gebe es zwischen der Genossenschaft und Universitäten wissenschaftliche Zusammenarbeit, z. B. zum Thema Infraschall. Schon des Öfteren sei die Genossenschaft auf Kongresse eingeladen worden, um ihre gewonnenen Erfahrungen darzulegen. Auf die Frage nach dem eventuellen Bau einer zweiten Anlage angesprochen erklärte Herr Hallmann enttäuscht, dass im letzten Regionalplan vor vier Jahren ein solches Ansinnen abgelehnt wurde. Aber wer weiß? Vielleicht eröffnet die politische Großwetterlage neue Chancen?

Um viele wertvolle Erfahrungen reicher und ordentlich durchgepustet dankten die FW Herrn Hallmann für die fundierten, sehr interessanten Ausführungen.

 

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